Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 09. und 10. November in Frankfurt |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 11 Anträge |
Antragsteller*in: | Kreisverband GRÜNE JUGEND Frankfurt am Main (dort beschlossen am: 08.10.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.11.2024, 18:19 |
A6: Hitzemaßnahmen an hessischen Schulen konsequent Umsetzten
Antragstext
Die GRÜNE JUGEND Hessen fordert die konsequente Umsetzung von
Hitzeschutzmaßnahmen an hessischen Schulen.
Die aktuellen Umstände in hessischen Klassenräumen sind schlicht und ergreifend
untragbar. Während der immer häufiger werdenden Hitzewellen sind Schüler*innen
extremen Temperaturen in Klassenräumen meist schutzlos ausgesetzt.
Gesundheitliche Folgen und körperliches Leiden werden dabei schamlos in Kauf
genommen, um einen kaum funktionierenden ineffektiven Unterricht trotz dessen
durchzuführen. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern auch illegal. Nach
dem Arbeitsschutzgesetz, müssen Maßnahmen zur Hitzereduzierung vorgenommen
werden, wenn die Innentemperatur am Arbeitsplatz 26ºC überschreitet. Wir fordern
temperaturregulierende Maßnahmen zur klimaneutralen Raumkühlung. Solange diese
noch nicht flächendeckend umgesetzt sind, fordern wir eine Maximaltemperatur von
26ºC für Klassenräume, ab der ein Unterrichtsentfall für alle Jahrgangsstufen
und Schulformen in ganz Hessen verpflichtend ist.
Begründung
Kopfschmerzen, Dehydratation und im schlimmsten Fall Bewusstlosigkeit - das alles und noch mehr sind Folgen extremer Hitze in hessischen Klassenräumen. Die Welt wird immer heißer, die Temperaturen steigen jedes Jahr auf neue Rekordhöhen und eine Hitzewelle jagt die nächste. Trotzdem sind Schulleitungen nicht dazu verpflichtet, irgendwelche Hitzemaßnahmen zu ergreifen und unter 26ºC sind Unterrichtsverkürzungen gar nicht erst zulässig [1].
Im Zweifel hängt es ausschließlich von der Willkür der Schulleitung ab, ob überhaupt Maßnahmen getroffen werden.
Die momentanen Umstände, ohne Hitzefrei, ohne Klimaanlagen, in Jahrzehnte alten, maroden Gebäuden, sind untragbar.
Der schulische Umgang mit starker Hitze ist seit 2021 durch den Erlass des Hessischen Kultusministeriums geregelt [2]. Demnach dürfen Schulleitungen frei entscheiden, ob sie Hitzefrei oder verkürzten Unterricht verordnen. Sie sollen sich dabei an den Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes lediglich freiwillig orientieren. Die Oberstufe ist sogar von dieser Regel ausgenommen [1].
Alle Arbeitgeber*innen müssen sich an das Arbeitsschutzgesetz halten, das Hitzeschutzmaßnahmen vorschreibt [3]. Warum gilt dieser Arbeitsschutz nicht auch für Schüler*innen und Lehrer*innen? Warum darf man ohne Konsequenzen Schüler*innen und besonders Oberstufenschüler*innen durch diese extremen Temperaturen quälen?
Diese Regelung, die vollkommen auf Freiwilligkeit und Gutmütigkeit der Schulleitungen basiert, wird damit begründet, dass ab der Oberstufe keine Schulpflicht mehr gelte und man ja freiwillig in der Schule sei.
Jedoch können sich Schüler*innen nicht aussuchen, zu welchen Stunden sie erscheinen und zu welchen nicht, da die allgemeine Anwesenheitspflicht auch bei extremer Hitze gilt. Oberstufenschüler*innen unter 18 können zudem ihre mögliche Abwesenheit wegen gesundheitlichen Folgen von Hitze nicht selbst entschuldigen und müssen auf das Verständnis ihrer Eltern hoffen.
Im Grundgesetz heißt es in Artikel 12 Absatz 1 "Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen" [4]. Diese Freiwilligkeit, über die Schulpflicht hinaus Abitur zu machen und sich somit eine freie Berufswahl zu ermöglichen, als Begründung zu nehmen, weshalb Hitzeschutzmaßnahmen nicht umgesetzt werden und der Unterricht unter untragbaren Bedingungen fortgeführt wird, verurteilen wir.
2019 gab es bereits einen Antrag des hessischen Landesschülerrats [8], auf welchen in Verbindung mit vielen anderen Beschwerden 2021 ein neuer Erlass verabschiedet wurde, welches Hitzemaßnahmen ab 26ºC erlaubt, aber nicht vorschreibt [2].
Schüler*innen sind immer noch ihren Schulleitungen ausgesetzt bei Temperaturen bis über 31ºC[1].
Auch im hessischen Hitzeaktionsplan (HHAP) von Juni 2024 wird das Problem werden Schulen nur in einem einzigen Satz erwähnt [5].
Eine Temperaturobergrenze für Innenräume an Schulen wäre auch keine neue Erfindung, da es 2009 bereits eine verpflichtende Regelung gab, welche aber 2013 zugunsten der Freiwilligkeit und Eigenverantwortung von Schulleitungen abgeschafft wurde [6].
Bis Schulen ausreichend mit Klimaanlagen und anderen temperaturreduzierenden Maßnahmen ausgestattet sind, muss es eine verpflichtende Regelung für Hitzefrei geben, damit hessische Schüler*innen und Lehrer*innen ausreichend vor der Hitze geschützt sind. Ohne angemessene Hitzeschutzmaßnahmen kann kein sinnvoller Unterricht stattfinden und solange diese noch nicht umgesetzt sind, bleibt keine andere Option außer Unterrichtsentfall, wenn man nicht weiter die Gesundheit von Schüler*innen und Lehrkräften gefährden will.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin informiert über mögliche Gesundheitsfolgen von extremer Hitze, die verpflichtende Hitzeschutzmaßnahmen in Arbeitsstätten begründen. Dort heißt es:
- "Hitzeerschöpfung ist die Reaktion des Körpers auf einen übermäßigen Verlust von Wasser und Salzen, die im Schweiß enthalten sind. Werden diese Verluste nicht ausgeglichen so kann es zu Symptomen wie Schwäche, blassgrauer feuchtwarmer Haut, Muskelkrämpfen, Übelkeit und Schwindel, Verwirrtheit, Fieber, Kreislaufkollaps oder Bewusstlosigkeit kommen."
- "Ein Hitzekollaps wird durch eine vermehrte Durchblutung der Haut zur Wärmeabgabe bei anhaltender Hitze und einer damit verbundenen kritischen Blutdrucksenkung hervorgerufen. Dabei wird die Hirndurchblutung so vermindert, dass es zu kurzfristiger Bewusstlosigkeit und zum Kollaps kommen kann." [7]
Dann brauchen Betroffene notärztliche Versorgung und erleiden im schlimmsten Fall einen Herz-Kreislauf-Stillstand mit Multiorganversagen und müssen reanimiert werden. Gerade Kinder sind davon stärker betroffen, weil sie im Verhältnis zu ihrer Größe eine viel größere Körperoberfläche haben und deshalb mehr Wasser beim Schwitzen verlieren.
Die GRÜNE JUGEND Hessen setzt sich deshalb dafür ein, dass an hessischen Schulen endlich konsequent temperaturreduzierende Maßnahmen durchgeführt werden und dass Hitzefrei als Übergangslösung verpflichtend ab über 26ºC Innentemperatur an allen Schulen eingeführt wird.
Quellen:
Andere Unterrichtsformen und Unterrichtsausfall bei großer Hitze an allgemein bildenden Schulen, Erlass vom 12. Januar 2021 (Az. Z.3 - 821.100.000-00032, Gült.Verz.Nr. 7200), S. 66-67
Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR), S.6
Hessischer Hitzeaktionsplan (HHAP)
Kleine Anfrage Manuela Strube (SPD) vom 26.06.2019 Maßnahmen bei großer Hitze und Antwort Kultusminister, S.1 Frage 1